Wüste Gobi: den Naturkräften ungeschützt ausgeliefert
Während der 10 Stunden Busfahrt von Ulaanbaatar nach Dalanzadgad waren wir den Naturkräften ungeschützt ausgeliefert. Bei abwechselnd Schnee- und Sandsturm musste der Busfahrer oftmals anhalten, weil er nichts mehr sah. Rings herum gab es nur eine Menschen feindliche Gegend mit unendlichem Weitblick voller Nichts. Plötzlich waren wir da. Der Himmel dunkel und Sandsturm geschwängert, spuckte uns der Bus irgendwo im Nirgendwo mit Gepäck aus.
Ich hatte großes Glück, dass ich Lucy und Alex aus der Schweiz im Bus begegnet bin. Sie hatten schon eine Adresse von „Gobisunrisetours“ in der Tasche die individuelle Rundreisen zusammenstellt und nichts dagegen, dass ich mich ihnen anschließe. Tuya ist Englischlehrerin im Ort und hat dieses Unternehmen zusammen mit ihrem Mann Nasaa gegründet. Er ist der Fahrer, spricht ein bisschen englisch, wird uns zu den gewünschten Orten fahren und sorgt auch für das leibliche Wohl unterwegs. Wir werden von ihr von der Bushaltestelle abgeholt und fahren in ihr Büro, wo sie auch bei Bedarf privat unterrichtet. Ihre beiden Kinder Dulguun (12) und Dolgion (5) warten schon auf uns. Für mich war es die erste Nacht in einem Ger.
Mit einer Bevölkerungsdichte von 1,87 Einwohner/qkm und davon leben ca. 60 % der Gesamtbevölkerung in Städten, ist es nicht gerade einfach und billig in der Mongolei zu reisen. Um sich etwas anzusehen, benötigt man immer die Hilfe der Einheimischen. Für diese Dienstleistung zahlt man etwa 50 – 120 Euro pro Person und Tag. In der Gruppe kann man sich zumindest Kosten für Fahrer und Sprit teilen und so das Budget schmal halten. Wir buchten eine viertägige Rundreise: Yolyn-Am-Schlucht: Geierschlucht, Khongoryn Els: Singende Düne mit Kamelausritt, Bayanzag: Dinosaurier Friedhof / Rote Klippen, Besichtigung von Felsmalereien der Bronzezeit. In der Yolyn-Am-Schlucht auch Ice Valley oder Geierschlucht genannt erwarteten uns Schneesturm und Knie hoher Schnee. Wir bestaunten das Eis in der engen Klamm und konnten auf dem Rückweg sogar zwei Geier am Himmel entdecken. In den Felsen haben Lämmer- und Mönchsgeier ihr Quartier.
Der Sturm begleitet uns den ganzen Tag und wechselte von Schnee- in Sandsturm über. Bei dringenden Bedürfnissen ist es nun mehr als wichtig, die Windrichtung zu beachten 😉 Klohäuser in der Wüste müssen sehr fest verankert werden. Die Luft ist voller Sand und sehr trocken. In der Ferne sehen wir weiße Felder. Das sind ausgetrocknete Salzseen. Und plötzlich taucht sie auf, die 180 Kilometer lange Wanderdüne: Khongoryn Els mit ihrem poetischen Namen „Duut Mankhan“ was Singende Düne bedeutet. Für zwei Nächte quartieren wir uns bei Nomaden ein. Am Abend erklimmen wir die mehrere hundert Meter hohe Düne und ergötzen uns am Sonnenuntergang. Hinab geht es springender Weise mit großen Schritten. Und da hörten wir das Singen der Düne. Es entsteht durch das Abrutschen des Sandes, wenn die Sandkörner aufeinander reiben.
Am nächsten Tag stehen die Kamele bereit für einen Ausflug. Auf dem Rücken der Tiere liegt dafür eine Decke. Bis zum Mittagessen reiten wir in der Düne. Danach verzichten wir unseres Hinters wegen auf einen weiteren Ausritt.
Am Wochenende kommen viele Städter ins Ger Camp zum Erholen. Zur Verabschiedung eines besonderen Gastes wird eine Ziege nach traditioneller Art geschlachtet und zubereitet. Das Schlachten ist Männersache. Das Tier wird an der Brust aufgeschnitten und der Schlächter greift mit seiner Hand ins Innere und reißt die Aorta vom Herzen ab. Das Tier ist sehr schnell Tod. Die Zerlegung in alle Einzelteile erfolgt ebenfalls im Handumdrehen. Die Frauen reinigen den Darm und füllen diesen mit dem Blut. Gekocht ist das dann Blutwurst. Das restliche Blut ergibt eine Brühe. Das Fleisch wird zusammen mit glühenden Steinen in eine metallene große Milchkanne gefüllt, sehr fest verschlossen und auf die Glut des Feuers gestellt. Nach ungefähr 1,5 Stunden ist es gar und kann gegessen werden. Mit den heißen Steinen kann man sich gut die Hände wärmen. Jeder Gast bekommt einen großen Teller gefüllt mit Fleisch, Blutwurst und Innereien. Die Innereien werden auch sehr gerne im mongolischen Milchtee gegessen. Dieser besteht aus heißer Ziegenmilch, Wasser und Schwarztee. Der Kopf und der Schwanz des Tieres werden erst am nächsten Tag mit abgeschabten Fell ausgekocht. Die Augen gelten hier als besondere Delikatesse und ist dem Hausherrn oder einem besondern Gast vorbehalten. Außer den Hufen und dem Schädel wird alles vom Tier verwendet. Die Mongolei ist kein Land zum Abnehmen oder gar für Vegetarier. Hier ist die Nahrungsgrundlage vor allem viel Fleisch, viel Fett, viel Öl und viel Süßes Alle Lebensmittel außer Fleisch, Käse und Milch werden importiert, da in dieser rauen Landschaft nichts wächst.
Wir reisen weiter nach Bayanzag zu den Roten Klippen und Dinosaurier Friedhof. Hier entdeckte der amerikanische Paläontologe Roy Chapman Andrews 1922 die Überreste von nahezu 100 Sauriern und stieß auf die spektakulären Gelege der Urweltechsen, vollständige Eiernester und Sauriereierschalenreste aus der Kreidezeit: Fossilien, die 65 bis 100 Mio. Jahre in der Erde gelagert hatten. Als wir unser Nachtlager erreichen, war bis zur Abendzeit nur ein Aufenthalt im Ger möglich. Sobald man heraus trat erhielt man an ungeschützten Körperstellen ein Sandpeeling vom Sturm. Die Sand geschwängerte Luft verschluckte die Abendsonne, so dass wir erst frühmorgens das brennen der Felsen (daher auch der Name Rote Klippen) ablichten konnten. Bayanzag ist auch wegen seiner umfangreichen Sauxalbestände bekannt. Der Sauxalbaum ist ein sehr langsam wachsender Baum mit extrem hartem Holz und optimal angepasst an das Klima der Gobi und hat einen sehr hohen Brennwert. Zum Vergleich haben 100 kg Sauxalholz den gleichen Wärmewert wie 80 kg Steinkohle.
Auf dem Rückweg spielten die Gazellen Wettrennen mit unserem Geländewagen von Toyota. Unterwegs besichtigten wir noch Malereien aus der Bronzezeit. Nach der langen Tour ziehen wir ins Hotel zum Duschen und Erholen, gehen noch gemeinsam ins Restaurant zum Abendessen, dann ging die Reise für jeden von uns einen anderen Weg.