Als Atheistin unter Mönchen

Gerade schrieb ich in den Blog das ich Urlaub mache. Dieses Wort wurde mir wenig später bei der Anmeldung zum Templestay gestrichen. Ab dem nächsten Tag sollte ein anderer Wind wehen. Um 4 Uhr morgens ist aufstehen angesagt, um pünktlich 4.30 Uhr zur Morgenandacht im Tempel auf dem Berg zu erscheinen. Anscheinend haben die Buddhisten noch nie etwas von Biorhythmus gehört? Obwohl sie ganz mit der Natur eins sein wollen. Meine Zeit ist es jedenfalls nicht :-( Trotz des zeitigen Aufstehens bin ich voller Vorfreude und habe sieben Nächte im Voraus bezahlt. Dann bezog ich erst einmal mein Zimmer und probierte den Anzug an, bevor das Programm startet.

Tempelstay AnzugTempelstay Zimmer

Tempelstay

Die Idee im Tempel zu wohnen entstand 2002 während der Fußballweltmeisterschaft in Südkorea als Übernachtungen knapp waren. Bei einem Aufenthalt bekommt man einen Einblick in den traditionellen koreanischen Buddhismus. Das Leben mit den Mönchen ermöglicht einem, den Yebul (zeremonieller Dienst mit Gesang), Chamseon (Zen Meditiation), Balwoo Gongyang (Gemeinschaftsessen) und Dahdoh (Teezeremonie) mitzuerleben. Tempelstay ist mittlerweile in sehr vielen Tempeln möglich. Neben den täglichen Ritualen wird meistens noch ein Programm angeboten wie z.B. die Herstellung von Lotusblumenlaternen, das Drucken von traditionellen Mustern oder alten Schriftzeichen mit Tinte sowie Volksspiele. Viele stressgeplagte Großstadtmenschen nutzen die Möglichkeit eines Tempelaufenthaltes, um am Wochenende neue Kraft für den Alltag zu schöpfen. Der Tempel Golgulsa ist Zentrum der traditionellen Meditationsweise Sunmudo, einer Zen Kampfkunst und bietet tägliches Training an. Sunmudo Statue Tempel GolgulsaGolgulsa

Das Programm

  •    4:00 Uhr    Aufstehen
  •    4:30 Uhr    Morgengebet
  •    5:00 Uhr    Meditation im Sitzen und anschließend im Gehen
  •    6:20 Uhr    Frühstück
  •    8:30 Uhr    Sunmudo Training (Dehnung)
  • 10:10 Uhr   Teezeremonie
  • 11:00 Uhr   108 Verbeugungen
  • 11:00 Uhr   Sunmudo Show der Master für Gäste
  • 11:50 Uhr   Mittagessen
  • 14:00 Uhr   Sunmudo Meditation, Bogenschießen oder Reiten
  • 15:00 Uhr   Montag bis Freitag Arbeitseinsatz im Tempel
  • 15:30 Uhr   Sunmudo Show der Master für Gäste
  • 17:10 Uhr   Abendessen
  • 18:10 Uhr   Erstgespräch für Neuankömmlinge
  • 18:10 Uhr   Abendgebet
  • 19:00 Uhr   Sunmudo Training (Kraft- + Techniktraining)
  • 22:00 Uhr   Nachtruhe

Am Sonntag findet 5:50 Uhr im Anschluss der Meditation das Gemeinschaftsessen „Balwoo Gongyang“ mit den Mönchen statt und im Anschluss die Teezeremonie.  Danach steht die Zeit bis zum Abendessen zur freien Verfügung. Am Wochenende verliert jedoch der Kraft- und Ruheort seine Wirkung. Da kommen hunderte von Menschen aus der Stadt zum Tempel „gepilgert“, das heißt in Bussen und Autos gefahren, um die täglich angebotene Sunmudoshow zu sehen. Ich ziehe mich lieber um und gehe in der näheren Umgebung spazieren oder ziehe mich zurück in mein Zimmer, um endlich einmal Zeit für mich und zum Schreiben zu haben.

Das Tempelleben

Der Hall der großen Glocke schwingt durch die Nacht und durchdringt jeden Raum und meine Glieder. Ich rolle mich zur Seite und denke: Ich muss jetzt aufstehen! Schlaftrunken steige ich in meinen Tempelstay Anzug und ziehe mich warm darüber an. Die Nacht ist klar und kalt. Es geht den Berg hinauf zur Morgenandacht im Tempel. Vor der Tür warten die Hunde. Sie dürfen mit hinein und haben ihre eigene Gebetsmatte zum Liegen. Im Tempel lebte einst eine Hündin. Sie bekam vier Hundebabys und als sie starb, eine eigene Statue neben Buddha. Die Kinder der Hündin leben nun allesamt mit den Mönchen im Tempel. Buddha und Hund Statue Tempel Golgulsa

Pünktlich 4.30 Uhr beginnt mit drei Verbeugungen das Morgengebet. Die Mönche singen in Begleitung eines Moktak (bedeutet Holzfisch, ist ein Idiophon und gehört zu den Schlitztrommeln) ihre morgendlichen Gebetslieder. Gleich danach findet die Meditation im Sitzen statt. Eine halbe Stunde soll jeder atmen und meditieren. Manchmal schlafen die Hunde dabei ein und stören durch ihr Schnarchen die Meditation. Am Ende reiben wir uns die müden Augen und klopfen unsere Arme und Beine wach. Denn jetzt geht es hinauf zur Pagode und über zur Meditation im Gehen. Drei Mal um die Pagode herum mit gefalteten Händen an der Brust. Dann im langsamen Gang den Berg hinab, die Hände vor dem Bauch, nichts denken und auf den Atem achten.

Unten angekommen setzen wir uns in den Essenraum auf den Fussboden und warten auf das Frühstück bzw. auf den ersten Mönch. In der Rangfolge dürfen zuerst die Mönche Essen nehmen, dann alle anderen. Man bedient sich selbst und was man sich alles auf den Teller aufgetan hat, muss aufgegessen werden!!! Nichts darf weggeworfen werden. Beim Essen ist die Tischordnung einzuhalten. Die ersten beiden Tische sind für die Mönche, die rechte Reihe für die Männer und die linke für die Frauen. Das Essen ist sehr einfach. Gegessen wird drei Mal täglich Reis mit mehr oder weniger scharfem gekochtem Gemüse und zu trinken gibt es kaltes oder heißes Wasser. Ich beeile mich, dass ich schnell wieder in mein Zimmer komme, damit ich noch ein wenig schlafen kann, bevor es weiter geht mit dem Sunmudo Morgentraining.

Gewohnt wird in einfachen Zimmern, was ein Regal und ein Kühlschrank beinhaltet. Geschlafen wird auf einer Matte auf dem Boden. Frauen und Männer dürfen nur getrennt schlafen. Ein Glück das Sarah bei der Anmeldung Paulchen nicht gesehen hat! So darf er bei mir mit auf der Matte liegen. Jedoch ist die Fußbodenheizung so heiß, dass ich mir vorkomme wie ein Hühnchen auf dem Grill. Nur wenden muss ich mich selber 😉

Kaum ist das morgendliche Nickerchen von einer guten Stunde rum, beginnt das Sunmudo Morgentraining. Jeder nimmt sich eine Matte und reiht sich in die Übenden ein. Trainiert wird barfuß, um einen besseren Stand zu haben. Morgens wird ausschließlich gedehnt. Nach anderthalb Stunde Dehnübungen bin ich endlich munter und schlendere zum Gebäude neben dem Tempeltor, weil dort gleich danach die Teezeremonie beginnt. Hier sitzt man im Lotussitz auf dem Boden. Wer diesen nicht aushält, kann die Position verändern, sollte aber dabei niemals die Füße nach vorne nehmen und auf andere richten. Bei einem Schälchen einheimischen Grüntee dürfen alle Fragen die einen bewegen an den Mönch gestellt werden. Am 11.11. gab es eine besondere Teezeremonie Ppeppero und „Pfannkuchen“ in Stäbchenform. Mönch Hyegak lebt seit 1990 im Tempel und praktiziert schon ca. 20 Jahre Yoga. Er reist oft herum und nimmt auch an internationalen Yoga Festivals teil. Nach der Teezeremonie ist es jedem frei gestellt, ob er die 108 vollen Verbeugungen, sich die Sunmudo Darbietung ansehen oder andere Aktivitäten mitmachen möchte. Ich teste jeden Tag etwas anderes aus. So komme ich in den Genuss der 108 vollen Verbeugungen, mit anschließendem dreitägigem Muskelkater!!! eines Ausfluges zum Tempel Bulguksa, der Fahrt an einen See von Gyeongju, Meditation am Strand von Gampo und einer Wanderung rund um die Tempelanlage, bevor es zum Mittagessen über geht. Mönch Hyegak

Das Nachmittag Programm beginnt mit Sunmudo, wo abwechselnd Meditation im Sitzen, Bogenschießen oder auch Reiten angeboten werden. Danach dürfen wir – außer am Wochenende – bei den anfallenden Arbeiten im Tempel mit helfen. Letzte Woche war es die Erneuerung des Reispapiers an den Zimmertüren und diese Woche Laub fegen und abtransportieren entlang der Straße im Tempel. Nach dem Abendessen und einer kurzen Pause beginnt das Abendprogramm mit dem Abendgebet und anschließendem Sunmudo Abendtraining, wo Kraft, Technik und Ausdauer geübt werden. Um 22 Uhr ist Nachtruhe, um wieder frisch und munter zum Morgengebet erscheinen zu können 😉

Oft wird der Tempel mit seiner speziellen Trainingsmethode des Sunmudo von Universitäten und Schulen genutzt. Sie schicken „schwierige“ Studenten und Schüler, die sich nicht in die Gemeinschaft eingliedern wollen. Durch das Tempelleben sollen sie zu sich finden und ihr eigenes Verhalten überdenken. Ein guter Ansatzpunkt, dies würde sicherlich so manchen jungen Menschen auf seinem Bildungsweg helfen.

Wer am Tempelleben teilhaben möchte, sollte sich an einige Regeln halten:

Regel Nr. 1. Jeder im Tempel praktiziert Buddhismus zusammen. Daher behandeln Sie bitte alle Menschen mit Freundlichkeit und Respekt.

Regel Nr. 2. Jedes Lebewesen ist wertvoll in unserem Tempel. Daher behandeln Sie bitte alle Tiere und Natur mit Freundlichkeit und Respekt. Eines morgens sah ich eine riesengroße fette schwarze Spinne über mir an der Decke. Es hat mich zwar n`Menge Überwindung gekostet, aber ich habe sie mit einem Papierbogen hinaus befördert.

Regel Nr. 3. Unser Tempel ist ein reiner Ort, bitte hinterlasse keine negativen Spuren. Bitte beachten Sie alle Aspekte des Lebens und der Natur mit Liebe in deinem Herzen.

Jeder sollte sich nach dem Zeitplan richten und einhalten. Wer bei der Morgenandacht mit Abwesenheit glänzt, muss sich zur Strafe 3.000 mal verbeugen oder wer Papier in die Toilette wirft, muss sich zur Strafe 1.000 mal verbeugen. Überhaupt wird hier jegliche Zivilisation „abgelegt“. Von der Kleidung angefangen: Knie und Schultern sind bedeckt zu halten und niedrige Dekolletés und enge Kleidung zu vermeiden, geht es weiter über Radio, Fernsehen, Alkohol, Zigaretten und jegliche Art von tierischer Nahrung.

In Korea gibt es nur Geschlechter getrennte Tempel. Golgulsa ist einer für Männer. Aktuell leben hier vier Mönche und vier Hunde. Sie dienen ebenso in der Armee für zwei Jahre wie alle anderen und können währenddessen ihre Religion leben. Mönche sind Pilgerer und können sich ihren festen Tempel aussuchen. Der oberste Mönch entscheidet, ob er bleiben darf. Sie scheren sich einmal die Woche die Haare, als Zeichen der gänzlichen Hinwendung einem geweihtem Leben. Wer sich einmal dafür entschieden hat Mönch zu sein, lebt enthaltsam, darf keine Frau berühren und auch nicht heiraten. Im Tempel wird der Zen Buddhismus praktiziert.

Wann, wenn nicht jetzt?

Was hatte ich mir nicht alles für die Auszeit vorgenommen: täglich morgens Stretching und abends Qi Gong. Pah und was ist aus den guten Vorsätzen geworden? Beruhigt habe ich mich mit der Ausrede, dass ich ja täglich Fahrrad fahre 😉 Hier in Korea erinnerte ich mich an meine guten Vorsätze. Noch dazu im Ursprungsland wo all das gelehrt und praktiziert wird. Ich recherchierte nach Tempeln in der Nähe von Gyeongju, wurde fündig und war überglücklich, als die Zusage vom Tempel Golgulsa kam.

In der Turnhallen großen Tempelhalle der Sunmudo Schule reihe ich mich mit meiner Matte in den Kreis der Übenden ein. Nach der Aufwärmphase und kurzem Blick nach innen geht es über ins Stretching. Von der Haarwurzel bis zu den Zehenspitzen wird jede Faser des Körpers gedehnt. Stretching

Am Abend werden Gleichgewichtsübungen, Kraft- und Techniktraining praktiziert. Mit „Om“ die Arme heben, Beine abwechselnd nach hinten strecken und vorne weit nach oben, dann Drehungen, Schrittfolgen, grätschen, hüpfen, boxen. Es ist ein kraftvolles Training mit viel Körperspannung. Nach den ersten Einheiten mit Setups,  Liegestützen und Brücke schlagen, fühle ich mich wie eine „Oberlusche“. Wann habe ich das letzte Mal im Kreis trainiert? Zu zweit geht es im Vierfüßlergang vorwärts, dann rückwärts, dann im Watschelgang dasselbe, Schubkarre, Rad schlagen, Handstand, Sprünge im Kreis herum. Geübt wird barfuß, um auf dem Holzfußboden einen festen Stand zu haben. Die Creme für überanspruchte Muskeln ist schnell verbraucht. KörperspannungAm Nachmittag wird abwechselnd meditiert oder mit Pfeil und Bogen geschossen. Dieser Sport ist Meditation und Körperspannung zugleich. Dank meiner Nichte Bianca weiß ich nun auch, dass wir mit mongolischen Reiterbögen Bogenschießen trainiert haben. Um diese Haltung zu üben, setzten wir uns auch einen Nachmittag aufs Pferd.

ReitenBogenschießen

 

 

 

 

Wer noch nicht genug hat, kann nach der Teezeremonie 108 Verbeugungen mitmachen. Der Mönch gibt mit Schlägen seines Bambusstocks das Tempo vor: hinwerfen, gefaltete Hände und Stirn auf den Boden senken, zurück in die Senkrechte federn, mit gefalteten Händen verbeugen und wieder runter, das Ganze 108 Mal.

Nach den ersten Tagen spüre ich, dass sich eine Woche wie ein Tropfen auf dem heißen Stein anfühlt und verlängere meinen Aufenthalt.

Was ist Sunmudo?

Sunmudo bedeutet übersetzt Zen-Kampfkunst-Weg und geht auf eine jahrhundertealte, wehrhafte fernöstliche Mönchstradition zurück. Ihr Ziel ist es, nicht nur die Selbstverteidigung im klassischen Sinne zu lehren, sondern die dort vermittelten Kampfsporttechniken zu nutzen, damit der Praktizierende „dem tiefsten Kern seines Wesens“ und seiner „wahren inneren Natur“ näher kommen kann. Sunmudo kombiniert Zen Meditation, Yoga, Taiji und Qi Gong mit traditionellen koreanischen Kampfkünsten. Seine energievolle und dynamische Vorgehensweise fördert die Beweglichkeit und Flexibilität des Körpers, insbesondere der Gelenke. Das aufmerksame und regelmäßige Üben verbessert den Gleichgewichtssinn sowie die Harmonie zwischen Körper und Geist. Es kräftigt die Muskulatur und hilft Rücken- und Gelenkschmerzen vorzubeugen, bzw. diese zu lindern. Das Praktizieren von Sunmudo ist in jedem Alter möglich.

Die Sunmudo Master haben ganz offensichtlich Spaß am Training, machen so ihre Scherze dabei und strahlen Lebensfreude aus. Sie führen ein ganz normales Leben, wohnen außerhalb des Tempels, haben Familie und fahren gerne Mini und BMW oder auch Rennrad. Abendtraining

Fazit:

Gerne hätte ich vier Wochen Training mitgemacht. Zum einen weil sich der Körper durch tägliche vierstündige Fitness und das einfache Essen spürbar verändert, zum zweiten, weil es ab einem Monat günstiger wird und ich drittens vielleicht doch noch die „Bikinifigur“ für den Strand in Sri Lanka erreicht hätte 😉 Doch bevor hier der erste Schnee fällt, möchte ich weiter ziehen. Mit frisch gestähltem Körper geht es zur Fähre nach Busan, um auf die Insel Jeju überzusetzen.

Zeitmillionärin auf Zeit

31 Millionen 536 Tausend Sekunden bekommen wir jedes Jahres auf unser Lebenszeitkonto überwiesen. In jeder Stunde werden uns 3600 abgebucht, egal, wie wir sie verbringen. Am 31. Dezember um Mitternacht ist jede einzelne davon weg. Das Konto ist leer. Was bleibt, sind die schönen Momente die wir in dieser Lebenszeit erlebt und gelebt haben. Carpe diem!

Bisher traf ich drei Treveller, die mit Fahrrad und Gepäck in Korea unterwegs sind. Einen junger Mann aus Korea Seoul, von dem ich spontan ein Tuch geschenkt bekam, einen Mann aus Hongkong und Joe aus Washington USA. Alle hatten sie gerade mal Zeit für einen Smalltalk, dann wollten sie schnell weiter :-( Koreanischer Tourist

Hauptstadt des Silla-Reichs – Gyeongju

Der Regen trieb mich von der Ostküste ins Landesinnere und der Reiseführer versprach einen Berg kultureller Stätten. So schob ich mein Fahrrad von Meereshöhe ab durch die Berge und ließ mich hinab rollen in die Hauptstadt des Silla Reiches – Gyeongju.

Das Silla Königreich entstand zum Beginn des 1. Jahrhunderts und beherrschte den größten Teil der Koreanischen Halbinsel vom 7. Jahrhundert bis 9. Jahrhundert. In und um Gyeongju gibt es zahlreiche bis zu 25 m hohe Rasenkuppen, die lange für natürliche Erhebungen gehalten wurden, tatsächlich aber Hügelgräber der Könige und Aristokraten Sillas sind. Diese wurden in den 1920er Jahren erstmals geöffnet. Die vielen ungewöhnlichen Goldfunde rechtfertigten den alten Namen Geumseong (Goldfestung) der Stadt. Beschreibung GrabKönigsgrab

 

 

 

Ein eigenwilliger flaschenförmiger Steinturm ist möglicherweise das älteste Observatorium Ostasiens. Es diente kosmologischen Beobachtungen, zur Festlegung der Jahreszeiten, des Saat- und Erntekalenders und der Prophezeiung der Landesgeschicke. Das scheinbar so schlichte Bauwerk steckt voller Zahlensymbolik. Drei mal vier Fundamentsteine repräsentieren die zwölf Monate und vier Jahreszeiten. Die quadratische Basis gilt als Zeichen der Yin-Kraft, die aufsteigende Kreisform als Sinnbild des Yang-Prinzips. 365 Granitblöcke beziehen sich auf die Anzahl der Jahrestage, ihre 27 Schichten auf Seondeok, die 27. Silla-Regentin. Zweimal zwölf Steinreihen von der Basis bis zum Einstieg und von der Fensteroberkante bis zur Spitze veranschaulichen die 24 Stunden des Tages. OrovatoriumNach drei Tagen Besichtigung fast aller Sehenswürdigkeiten in der wunderschönen Stadt radelte ich wieder den Berg hinauf, um mir noch unter anderem den buddhistischen Tempel Bulguksa und die künstliche Seokguram Grotte anzusehen. Als Anerkennung meiner Leistung hielt dieses Mal jeder Autofahrer den Daumen nach oben oder klatschte vom Lenkrad aus Beifall.           Seokguram GrotteTempel Bulguksa

 

 

 

751 ließ der mächtige Premierminister Kim Dae-seong zu Ehren der Kim-Familie einen „Buddha-Land Tempel“ (Bulguksa) errichten. Das Buddha-Land wird als irdische Entsprechung eines friedvollen Heilsreiches verstanden, in dem erlöste, den materiellen Fesseln enthobene Wesen wohnen. Der Bulguksa Tempel ist die einzigste vorhandene klassische Tempelanlage aus der Silla-Zeit. Zu Ehren der Seelen seiner ersten Eltern ließ der Premierminister die Seokguram Grotte errichten, die zu den herausragenden Kunstwerken der buddhistischen Welt zählen. Der zentrale, in einzigartiger Weise in sich ruhende Buddha in Erdanrufungsgeste bewahrt im Gegensatz zur vollendeten Eleganz der ihn umgebenden Figur des Reliefs eine Massigkeit, die als Zeichen von Würde und Hoheit als Ruhepol jenseits der Dynamik seines Gefolges zu sehen ist.

Beide wurden 1995 in die Liste der Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen. Die Treppenanlage des Tempels stammt aus dem 8. Jahrhundert und ist Koreas Nationalschatz Nr. 23. Sie symbolisiert die 33 Stufen der Erleuchtung und führt zum Purpurnebeltor (Jahamun). Eine Begehung ist nicht erlaubt.Steintreppe Bulguksa TempelDie außergewöhnliche Schatzpagode (Dabotap) ist über 10 Meter hoch und zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken der buddhistischen Welt. In Korea ziert sie auch deshalb die 10 Won Münze. Schatzpagode Bulguksa TempelDie künstliche Seokguram Grotte liegt auf dem Gipfel des Berges Tohamsan 745 m über dem Meeresspiegel und ist mit Blickrichtung nach Osten ausgerichtet. Es ist anzunehmen, dass sie Feinde aus diesem Einfallswinkel, besonders aber wohl japanische Piraten vom Japanischen Meer kommend, magisch abwehren sollte. Seokguram GrotteDie vier Himmelskönige des Bulguksa:

Himmelskönige BulguksaHimmelskönige Bulguksa

Paulchen flippt aus vor Freude

Paulchen und ich besuchten das Sexmuseum Love Castle.
Das Thema der Menschheitsgeschichte wie Kamasutra,  Sexleben in der Antike oder der Inkas wurde in verschiedenen Räumen dargestellt. Die Koreaner selbst bezeichnen sich als die Italiener Asiens. In den Städten soll es einige Stundenhotels geben und im Hotelfernsehen kann man sich Sex Videos (keine Pornos!) ansehen, in denen stundenlanges Liebesleben mit Anleitung, wie eine Frau zu verwöhnen ist, gezeigt wird. Der Italiener gilt ja allgemein als der Liebhaber schlechthin. Ob das wirklich so ist – wer weiß? Paulchen war jedenfalls entzückt und wollte gar nicht mehr weg: SexmuseumSexmuseum

 

aber auch für mich war was dabei 😉

Sexmuseum

Urlaub vom Fahrrad fahren

Ab Freitag, den 7. November mache ich Urlaub vom Fahrrad fahren und tauche ab ins buddhistische Leben des Tempels Golgulsa („Steinbuddhatempel“) zum Tempelstay. Dieser ist der einzige echte Höhlentempel Koreas. Er stammt aus dem 6. Jahrhundert und birgt einen Maya-Tathagata-Buddha. Am Hamwol Berg sind kleinere Felsenhöhlen und das 1500 Jahre alte Buddharelief über in den Fels gehauene Treppen zu erreichen. Der Tempel ist Zentrum der traditionellen Meditationsweise Seonmudo – einer Zen Kampfkunst. Ich kann bleiben so lange ich will bzw. es mein Geldbeutel zulässt 😉

Romantic Road of Korea

Von Samcheok nach Pohang

Nach einem weiteren Abwettertag zum Trocknen des Zeltes, aller Utensilien, Reparatur der Fahrradtasche und Schreiben verbringe ich zum super Spezialpreis von nur 50 Euro (kostet sonst das Doppelte) im Nobelhotel neben an:Hotelzimmer

Im Ort leiste ich mir einen neuen Sattel. Der alte war durchgeritten und nach der Patsch-Nass-Aktion nur noch ein nasser Schwamm, auf dem es sich unangenehm fahren ließ. Hi Mattes, ich habe es doch gewagt, mich auf einen neuen Sattel einzulassen 😉 Nach nur 5 Tagen habe ich mich an den neuen gewöhnt. Er ist zwar etwas schmaler und härter, aber trotzdem angenehmer zu fahren. Bei Sonnenschein und 26° Grad auf dem Thermometer fahre ich erneut am Pavillon vorbei: Pavillon Ostküste - Südkorea

Die Orientierung ist oft schwer für mich und kostet viel Zeit. Oft muss ich gucken fahren. Die Abschnitte sind sehr bergig. Nach fast 5 Monaten habe ich zum ersten Mal Muskelkater in den Waden!! Meine tägliche Distanzen liegen zwischen 25 und 55 Kilometer. Mir macht die zeitige Dunkelheit zu schaffen. Manchmal sind meine Schlafplätze aus diesem Grund recht abenteuerlich. Dabei kommt mein Wörterbuch ohne Worte immer mehr zum Einsatz. Beim Einkaufen oder Schlafplatz suchen, zeige ich auf ein Symbol und mir wird immer geholfen.

Romantic Road of Korea

Unentdeckt zu bleiben scheint für mich schier unmöglich in diesem 1,3 mal so großem Land wie Bayern mit 50 Millionen Menschen darin. Die Koreaner geben mir allerdings ein Wohlfühlgefühl sondergleichen. Von dieser Sonnenschein Mentalität geht nur positive Energie und Lebensfreude aus. Hier fühle ich mich wohl – hier kommt ein Teil von mir her!

Die Menschen in den Orten klatschen beim Vorbeifahren, zeigen den Daumen nach oben, gestikulieren zum Anhalten und schenken mir Äpfel, Maiskekse, Weintrauben, Mandarinen oder andere Früchte, Vitamin D Saft, Wasser oder laden mich zum Kaffee ein. Zum Glück kommt keiner auf die Idee, mich mit dem Auto ein Stück mitnehmen zu wollen. Manchen Männern gefalle ich so sehr, dass sie mich spontan drücken und auf die Wange küssen. Ich bekomme Komplimente und gesagt, meine Augen wären schön 😉 Hier bin ich der exotische Vogel, der von allen beäugt und auf unzähligen Smartphons abgelichtet wird.

Fast überall gibt es kostenlos WLAN. Ich liege im Zelt und sehe mir als Belohnung für den anstrengenden Tag BIWAK aus der MDR Mediathek an.

Die Koreaner haben eine ausgeprägte Saunakultur. Diese wird von Jung und Alt fleißig genutzt. Dabei schrubben sich die Frauen von oben bis unten, schröpfen ihre „knackigen“ Stellen, machen Dehn- und Turnübungen im Schwitzraum, sitzen im Lotussitz, können in jeder Lage und auf jedem Untergrund schlafen und pflegen sich ausgiebig danach. Aller vier Tage komme ich in den Genuss und konnte im letzten Jimjilbang sogar ohne Aufpreis für 5 Euro wieder einmal darin schlafen. Eine gute Alternative bei Regenwetter, ein wohltuender Ausgleich für die wilden Nächte draußen und eine Gelegenheit zum Waschen der Unterwäsche. Bei dem ganzen Service, der in der Sauna, im Motel, Hotel oder auch im Guesthouse zur Verfügung gestellt wird, könnte man hier fast ohne Gepäck reisen.

Family Stay

Angelockt vom Spa Schild hängte ich die 12 Kilometer ins Gebirge noch ans Tageslimit dran. Angekommen musste ich feststellen, dass es weder ein Zimmer noch einen Platz zum Bleiben für mich gibt. Es ist Wochenende und da sind alle Koreaner aus den Städten im Gebirge unterwegs. Ich treffe eine Familie aus Busan an der Tourist Information. Diese erkennt mein Problem und beratschlagt sich. Mir wird angeboten, dass ich mit in ihrer Hotelwohnung schlafen darf. Wieder einmal ein Abend voller Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Kim spricht Englisch. Ihn frage ich nach der Nordkorea Problematik. Es ist eine Gefahr die immer noch präsent ist, weil es bis heute keinen Friedensvertrag gibt. Täglich läuft dieses Thema auf allen Kanälen und öffentlichen Plätzen im Fernsehen.

Family Stay

Die Verständigung unterwegs ist sehr schwierig. Hier spricht niemand Englisch und ich kann nichts lesen. Dabei ist die koreanische Schrift Hangeul ein Meisterwerk der Logik, das von Experten bis heute für das bestformulierte Schriftsystem überhaupt gehalten wird. Mancher Einkauf wird danach zur Überraschung. So war die letzte Portion Reis mit Kartoffeln süß und mit Zimt oder ich kann es gar nicht essen und füttere die Möwen damit. Musste oftmals an Oliver denken. Er würde hier wahrscheinlich verhungern. Beim Essen Bestellen, schaue ich in die Töpfe und Bratpfannen und zeige, was ich gerne hätte. Die Speisen sind ausschließlich in Koreanisch angeschrieben. Zum Menü gehört immer verschieden scharfes Gemüse – meist Kimchi – dazu wird Wasser und Kaffee gereicht. Koreanisches Essen

Überall ist Erntezeit. Die Felder werden abgemäht. Auf der Straße wird der Reis getrocknet, in große Säcke gefüllt und abtransportiert. Ich sehe die Bauern mit Dreschflegel wie vor hundert Jahren. Alte Frauen sind oft krumm von der Feldarbeit. Die Fischer leben vom Fischfang an der Ostküste. Vormittags kommen sie mit dem LKW und liefern ihre Ware an. Danach machen sich viele fleißigen Hände ans Werk und bereiten die Kalmare vor zum Trocknen. Am Strand warten die „Abnehmer“ für die unverwertbaren Reste.

Kalmare

Pohang

Auf dem Weg nach Pohang versuchte ich mehrmals am Bankautomat Geld zu holen. Doch diese akzeptierten meine DKB Visacard nicht :-( Mit nur noch umgerechnet 2 Euro in der Tasche werde ich langsam nervös und lege mir schon einen Notfallplan zurecht. Das hieße, Gunter anrufen und ihn bitten, mir auf eine Bank Geld zum Barauszahlen zu überweisen. Aber soweit musste es „Gott sei Dank“ nicht kommen. In Pohang klapperte ich wieder alle Banken ab. Nach dem dritten vergeblichen Versuch, klopfte ich am Schalter und schilderte mein Problem. Die gute Frau kramte einen Zettel aus der Schublade, füllte ihn aus, wollte meinen Pass sehen, eine Unterschrift von mir und siehe da: Ich hatte wieder Bargeld in der Tasche! Das Ganze hat mich zwar etwas Bearbeitungsgebühr gekostet, aber ich fühlte mich wesentlich wohler und konnte mir eine Übernachtung suchen.

Des abends schlenderte ich vor der blinkenden und stark beleuchteten Skyline von Pohang den Strand entlang, bummelte an den Ständen des Herbstfestes vorbei, probierte einige für mich fremde Leckereien, erlebte Karaoke mit Livemusik und bekam von einer Frau ein Packung Süßigkeiten geschenkt. In diesem Stadtflair sehen die jungen Menschen alle gleich aus und tragen als modische Erscheinung riesengroße schwarze Brillengestelle ohne Gläser – das neue Lifestyle lässt grüßen! In dieser Samsung geprägten Welt, war es fast unmöglich Postkarten zu finden.

Skyline + Strand PohangJetzt bin ich fünf Monate unterwegs und ich muss euch sagen:

Mir macht es immer noch riesigen Spaß zu reisen!