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Kamtschatka: Vulkantrekking mit BISS

Es ist schon verrückt, wie sehr man von der Technik abhängig ist. Sechs Wochen nach meiner Rückkehr habe ich nun endlich schnelles Internet und Telefon. Ich hatte schon überlegt in Dresden ins Hostel zu ziehen, um meine eMails beantworten, Bilder hoch laden und Blog schreiben zu können 😉 Doch ich habe die Zeit viel besser genutzt und mit meiner Tochter und meinen beiden Enkeltöchtern verbracht sowie Freunde in Potsdam, Rügen oder Hamburg besucht. Seit letzter Woche bin ich nun endlich DRIN und möchte von der Reise in Kamtschatka berichten:

Auf heißen Sohlen

Nach den immer heißer werdenden Temperaturen in Ulaanbaatar freute ich mich schon auf eine Abkühlung in Kamtschatka. Das es fast noch ein zweiter „Winterurlaub“ werden sollte, damit hatte ich allerdings nicht gerechnet. Am Flughafen holte mich Oliver Schmidt von Biss Reisen Berlin mit den Worten ab: „Wir hatten den Jahrhundert Winter und noch zu viel Schnee in den Bergen. Der Reiseverlauf muss daher etwas abgeändert werden.“

Insgesamt empfingen mich 9 weitere Reiseteilnehmer + Fahrer + Köchin + Guide. Nach der ersten Nacht in einer Pension mit hervorragender Bewirtung und „beschnuppern“ der Anderen ging es am nächsten Morgen mit Sack und Pack los mit einem Allrad-Unimog (Gas66) mit Personenkabine gen Norden. Unterwegs durften wir uns im Natur Hot Spot einen heißen Hintern holen und gezeltet wurde wild auf einer Wiese. Nach zwei Fahrtagen schlugen wir inmitten einer Mondlandschaft unser Lager auf. Rings herum konnte man Vulkane, Aschekegel und die verschiedenen Stufen von Vegetationsregenerierung betrachten.

Das Wetter war leider nicht so, wie wir es uns verdient hätten 😉 Deshalb krochen wir am Regentag in die Lavahöhle. Dort hatte es gelben Sand vom Strand aus Haiti hoch geschleudert. Am nächsten Tag fuhren wir in Richtung Tolbatschik Vulkan, der das letzte Mal 2013 ausbrach. Wir kletterten über noch heiße Lavaströme und rösteten unsere Brotscheiben (als Test auch mal mit Käse) am Rand von heißen Luftlöchern. Bei Rosemarie dampften sogar die Schuhsohlen! Der Höhepunkt war ein Tag später der Aufstieg im dicken Nebel zum Kraterrand des Vulkans. Immerhin riss es auf als wir oben waren. Der Panoramablick blieb den „Fotojägern“ allerdings verwehrt. Hinab ging es zum Teil durch hüfthohen Schnee.  So mussten wir am Abend die Sachen und Schuhe an Sascha´s Lieblingsplatz trocknen.

Wo ist der Bär

Weiter ging die steile und beschwerliche Fahrt mit unserem Unimog hoch zum Kljucevskoj Nationalpark. Hier erwartete uns eine fotogene Mückenzone. Wandern war nur mit Moskitonetz auf dem Kopf möglich. Dafür wurden wir mit einem wunderschönen Panoramablick entschädigt. Der Wettergott war uns hold und so bald ein bisschen Wind aufkam, gab es auch keine Mücken mehr. Zum ersten Mal sahen wir von weiten einen Bären, wir lernten Oliver´sche Gehzeiten kennen und freuten uns jeden Abend über das abwechslungsreiche, reichhaltige und super leckere Essen von Swetlana. Dazu gab es natürlich russischen Wodka 😉

Der Vielfraßtag

Eigentlich sollte es eine 5-tätige Wanderung durch den Bystrinskij Nationalpark werden. Doch leider gab es auf dem Pass noch zu viel Schnee und so lagerten wir an einem Ort und zogen von dort aus los. Das Gepäck wurde von Pferden transportiert. Für Sascha die Gelegenheit seinen Unimog in Esso reparieren zu lassen. Gleich hinter dem Lager fanden wir eine ganz frische Bärenspur die wir verfolgten und hielten Ausschau nach abgeworfenen Rentiergeweihen. Als wir so dahin wanderten sahen wir plötzlich ein großes Tier auf uns zukommen. Schnell war ein Fernglas zur Hand. Ein Vielfraß jagte fröhlich und unbekümmert Bodenbrüter. Der Wind kam aus seiner Richtung und so hatte er uns noch nicht wahrgenommen. Zeit um alles fotografisch festzuhalten. Auf dem Rückweg belohnte uns der Wettergott sogar noch mit einem doppelten Regenbogen.

Wie die Schneeschafe auf den Vulkan

Am nächsten Tag wollte Oliver mit uns das „schlafende Rentier“ besteigen. Frisch auf und munter ging es den Fluss entlang durchs Gestrüpp. Am ersten Hügel angekommen, sahen wir einen Bären mit dem gleichen Ziel: den Gipfel. Aber auch zwei Schneeschafe bewegten sich sicher über uns im Geröllfeld. Für mich wurde der Aufstieg zur Tortur. Erst durch eine Energiespritze in Form von Essen aus Olivers Rucksack konnte ich die Anstrengung bewältigen. Oben angekommen gab es ein Picknick. Der Bär war allerdings schon über alle Berge. Wir mussten uns ebenso beeilen, denn auf uns kamen feuchte Nebelschwaden zu. Der Rückweg wurde für alle physisch als auch psychisch zu einer Grenzerfahrung. Die Geröllsteine waren jetzt Schmierseife und der Pfad am Fluss entlang entpuppte sich als unwägbares Gelände. Überglücklich wieder gesund unten zu sein, genehmigten wir uns im Lager einen doppelten Wodka. Bald setzte Dauerregen ein und die Plätze ums Lagerfeuer waren heiß begehrt.

Ruhetag ohne Ruhe

Endlich ein Dach über den Kopf, Sachen waschen, Zelt trocknen und heiß duschen bzw. wer wollte konnte im Geothermalbad mit einem Bierchen in der Hand „einweichen“. Doch lange ausruhen war nicht! Zuviel gab es in dem kleinen hübschen Ort Esso zu sehen. Wir besuchten das Volkskunde Museum wo wir die Lebensweise und Kulturen der indigenen Volksgruppen der Itelmenen, Ewenen und Korjaken von Oliver ausführlich erklärt bekamen. Danach ging es weiter zum Info-Center der Nationalparkverwaltung, so mancher gab viel Geld aus in der Werkstatt beim Schnitzer und am Nachmittag begeisterte uns eine Tanzveranstaltung der einheimischen Ewenen und Korjaken. Wer wollte konnte sich abends noch in der Banja mit einem Birkenzweig gegenseitig weich klopfen.

Nicht das wir schon genug gehabt hätten, von diesem Ruhetag, nein. Am Abend fand sich eine spielwütige Kniffelgruppe zusammen, die voller Begeisterung lautstark auch die Anderen vom ihrem einmaligen Erfolg teilhaben ließ. Es wurden 9 Kniffel gewürfelt von 5 Teilnehmern in einem Spiel.

Was macht der Bär im Lager?

Nun war Anfang Juli und der Schnee ist vielleicht schon weniger geworden. Also fuhren wir weiter nach Südkamtschatka und schlugen unser Lager am Wegesrand am Fluss auf. Doch leider war am Pass kein Durchkommen. So trollten wir uns wieder und zogen ein Bad im heißen Hot Spring vor 😉 Für die Besteigung am nächsten Tag organisierte uns Oliver Schneemobile. Telefonieren konnte man allerdings nur auf dem Unimog – in der russischen Telefonzelle!

Zwei Tage schlich der Braunbär schon ums Zeltlager herum. Der leckere Essengeruch aus Swetlanas Küche lockte ihn an. Bären können bis zu 3 Kilometer weit gut riechen. Und nach dem der Winter so extrem lang war, hatte er natürlich um so doller Hunger und war auf der Suche nach etwas Essbarem. Also wurde alles was gut riecht (wie Zahnpasta, Creme, Lippenpomade etc.) aus dem Zelt ins Auto gepackt und mitgenommen. Wir wollten die Besteigung des Mutnowskij Vulkans mit Schneemobilen wagen. Doch vorerst sollten wir russische Wartezeit kennen lernen. Die Crew mit den heißbegehrten Fortbewegungsmitteln hatte 5 Stunden Verspätung :-( So vertrieb sich jeder die Wartezeit auf seine Art.

Am Vulkan empfing uns ein spektakuläres Schauspiel von schwefelgelben Fumarolen und kochenden Schlammtöpfen. Wir bestiegen noch einen weiteren Krater mit Seilsicherung. Beim Abstieg riss die Wolkendecke etwas auf und gab tolle Aussichten auf bunte Berge (wie in Island) frei. Zurück ging es in rasender Geschwindigkeit.

Den ganzen Tag fragten wir uns besorgt: Was wohl der Bär im Lager so treibt? Voll gespannt darauf was uns erwartet, fuhren wir im Dunkeln zurück. Jeder hatte „Bammel“ um sein Zelt. Ich meinte noch scherzhaft: „Bei mir ist es egal. Mein Zelt ist schon alt.“ Als wir um die Ecke fuhren und das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar wurde:

Die letzten Tage vergingen wie im Flug: Ein Teil der Gruppe bestieg noch den Vulkan Gorelij, während der andere Teil einen Rundflug zum Tal der Geysire genoss. Dabei habe ich meinen Rettern in der Not Christian und Birgit zu verdanken, dass mir meine Füße nicht erfroren sind. Wir fuhren noch weiter zum Awatschinskij Vulkan, der wegen zu viel Schnee nur zur Hälfte bestiegen werden konnte. Geschlafen habe ich auf meiner reparierten Matte und im geklebten Schlafsack in Olivers Zelt. Zum Schluss gönnten wir uns eine Bootstour in der Awatscha Bucht zu den Inseln „Tri Brata“ und „Babuschkin Kamen“ wo wir viele Seevögel und auch eine Robbe sahen. Am Abschiedsabend feierten wir ausgiebig, bedankten uns bei Swetlana für das leckere Essen, bei Sascha für das sichere Fahren und bei Oliver für die super tolle Organisation und einfühlsame Führung. Eine wunderschöne Reise mit tollen Begleitern war leider zu Ende :-(

Ich kann allen empfehlen, wer einmal nach Kamtschatka reisen möchte, dann NUR mit Oliver Schmidt . Seine Webseite findet ihr hier:  http://www.terracirca.de   Wer ihn live erleben möchte, hat am 30. Oktober 2015 im Globetrotter Dresden bei seinem Vortrag: „Pazifischer Feuerring – Teil 1″ die Gelegenheit dazu und kann sich schon für die nächste Reise 2016 bekannt machen 😉

Ich jedenfalls freue mich auf ein Wiedersehen der Gruppe in Dresden und natürlich wartet auch schon der Kniffelbecher auf eine Revanche.